Ein Jahr lang verbrachte Hannah in Togo im Freiwilligendienst für Aurore Comit. Dort lernte sie neue Freunde kennen, erfuhr einiges über Kulturen, Religionen und Sprachen. Sie arbeitete mit Kindern, konnte Entwicklungsarbeit selbst mitgestalten und mit spannenden Menschen in Kontakt treten. Voller Nostalgie an die schöne Zeit erzählt sie uns von der einzigartigen Erfahrung, die auch noch heute eine wichtige Rolle in ihrem spielt...
Wie ist dein erster Tag des Freiwilligendiensts verlaufen?
Mein erster Tag in Sokodé war eigentlich ziemlich ruhig. Zwölf Stunden Flug und sechs Stunden Bus waren sehr anstrengend und ich war froh endlich angekommen zu sein. Trotzdem war ich neugierig und wollte die Umgebung erkunden. Deshalb hat mich mein Mitbewohner Césario auf eine kleine Tour durch das Viertel mitgenommen. Die wilde Natur der Regenzeit, die vielen freilaufenden Tiere und verschlammten Trampelpfade sind mir in Erinnerung geblieben. Bei einer Nachbarin habe ich zum ersten Mal ein Stück gekochten Yams gegessen. Alle waren genauso neugierig auf mich, wie ich auf sie und wenn eine Sache togolesisch ist, dann ist es ein herzlicher Empfang. Ich lernte am ersten Tag: Sokodé ist laut und bunt und riecht nach Feuer und Benzin.
Was hat dich an der togolesischen Kultur oder dem Alltag dort sehr überrascht?
Einfach alles war überraschend, denn es war schwer sich im Vorhinein ein gutes Bild von Togo zu machen und das sollte man auch gar nicht. In den ersten Tagen waren es wohl die vielen Motorrädern überall, die mich überrascht haben. Sie fahren kreuz und quer durch die Stadt und ich musste mich daran gewöhnen jede längere Strecke auf einem Motorrad zurückzulegen. Die togolesische Kultur hat mich vor allem in ihrer Vielfalt überrascht. Ich wusste nicht, dass jede Region Heimat einer eigenen Ethnie und Sprache ist und wie viel Feste gefeiert wurden. Einige Sätze Lokalsprache zu lernen war eine Herausforderung die ich gerne und mit viel Begeisterung angenommen habe.
Wie lief dein Jahr dort organisatorisch ab?
Der Aufenthalt wird von der deutschen Organisation Eine Welt Netz NRW organisiert und begleitet. Es finden sehr spannende Vor- und Nachbereitungsseminare statt, die die Teilnehmenden für Themen wie globale Gerechtigkeit und weiße Privilegien sensibilisieren. Das Jahr wird zu 75% vom Bundesministerium für Entwicklung und Zusammenarbeit finanziert, die restlichen 25% habe ich als Spenden gesammelt. Die Spenden sind zwar sehr wichtig für den Fortbestand des Programms, aber keine Teilnahmebedingung! Auch Flüge, Unterkunft und Verpflegung müssen nicht selbst bezahlt werden und ich habe ein kleines Taschengeld bekommen. Nach der Hälfte des Aufenthalts haben sich alle Freiwilligen in Togo für ein Zwischenseminar getroffen, es war sehr spannend sich dort mit den anderen auszutauschen.
Wie stehen die Menschen vor Ort zu dem Projekt und wie konntest du ihnen konkret helfen oder sie vielleicht auch dir?
Das Projekt wurde ja von und mit Togolesen und Togolesinnen gegründet und ist daher ein Projekt auf Augenhöhe und sehr beliebt. Eltern der Kinder bedanken sich immer wieder bei den Mitarbeitenden, für die Chancen die ihren Kindern geboten werden. Auch einige Jugendliche vor Ort engagieren sich für Aurore. Der größte Beitrag den ich als Freiwillige leisten konnte ist aber weniger die Arbeit selbst, als vielmehr der Dialog und interkulturelle Austausch mit den Menschen. Ich habe sicher keine Leben verändert, aber ich konnte einen Berührungspunkt mit Deutschland darstellen. Mir wurde geholfen Togo zu verstehen und vielleicht konnte ich auch helfen Europa ein wenig zu verstehen.
Jeder und jede Freiwillige ist zumindest ein kleines Zeichen dafür, dass Deutschland an Partnerschaften interessiert und eine Kooperation möglich ist.
Hältst du heute noch kontakt zu Menschen, die du dort kennengelernt hast?
Auf jeden Fall! Ich vermisse meine FreundInnen auch so schon viel zu sehr. Alle paar Tage schreibe ich ihnen oder sie mir und ich bin immer froh zu hören was sie tun und wie es ihnen geht. Ich versuche über alle Projekte und Vorhaben auf dem Laufenden zu sein und verschicke selbst viel zu lange Sprachnachrichten, in denen ich von meinem eigenen Leben erzähle. Fotos und Videochats gehören natürlich auch dazu. Französisch verlerne ich jedenfalls nicht so schnell…
Inwiefern hat Togo dein Leben verändert?
Ich habe mich insgesamt verändert. Ich habe neue Blickwinkel gewonnen und unglaublich viel über Religion, Kultur und Werte gelernt. Meine FreundInnen haben mir nicht nur kochen, nähen oder tanzen, sondern auch viel über das Leben selbst beigebracht. Ich gebe mir große Mühe den togolesisch-optimistischen Blick auf die Dinge zu bewahren.
Natürlich habe ich auch ein besonderes Interesse an Themen wie Rassismus, Migration und Chancengleichheit entwickelt und versuche mich auch in Deutschland für die Interessen von TogolesInnen einzusetzen.
Wem würdest du einen Freiwilligendienst in Togo empfehlen und warum?
Ich würde diese Erfahrung jedem und jeder empfehlen, die bereit sind für ein Jahr ein ganz anderes Leben zu führen und sich auf größere und kleinere Veränderungen einzulassen. Ein Freiwilligendienst ist sinnvoll für alle, die kontaktfreudig, anpassungsfähig und neugierig sind. Es gehört dazu auf Dinge zu verzichten und vor ungeahnten Problemen zu stehen, an denen man aber immer auch wachsen kann. Wenn man sich darauf einlässt kann man nur gewinnen: Erfahrungen, Erkenntnisse, Fähigkeiten und Freundschaften!
Wir sagen vielen Dank für dieses großartige Interview und inspirierende Antworten!
Weitere Eindrücke zu Hannahs Jahr in Togo
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